12. Juli 2019
Ein jeder, der in seinem Job mit Excel arbeitet, kennt das wohl: Eine große Datei muss geöffnet oder berechnet werden und der Computer friert für längere Zeit ein, stürzt ab oder die Änderungen werden nicht gespeichert. Man wünscht sich einen Computer, der all das innerhalb von Sekundenbruchteilen berechnet. Einen Ansatz, der in diese Richtung geht, gibt es – allerdings in sehr viel größerem Ausmaß: Quantum Computing oder Quantencomputer.
Er vereint die Quantenphysik und die Informatik. Ein Quantencomputer nutzt die Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik und funktioniert dabei ansonsten aber wie ein normaler Computer, nur um ein Vielfaches leistungsfähiger.
Justin Trudeau, der Premierminister von Kanada hat vor kurzem in einer Pressekonferenz versucht zu erklären, wie ein Quantencomputer funktioniert. Diese Erklärung ist zwar nicht 100% physikalisch korrekt, aber dennoch vermittelt sie einen guten Eindruck: "Ein normales Computerbit ist entweder 1 oder 0, An oder Aus", erklärte Trudeau, "ein Quantenzustand ist aber viel komplexer, weil er gleichzeitig Welle und Teilchen sein kann.“.
Ein herkömmlicher Rechner funktioniert seit Beginn der Technologie immer auf Basis der erwähnten 1-0-Logik. Ein Quantencomputer geht darüber hinaus. Er basiert auf s.g. Qubits (Quantenbits), die neben den bekannten Zuständen 1 und 0 auch weitere, vermischte Zustände haben können: 00, 01, 11, 10. Dies beruht auf einer Idee in der Quantenphysik, die besagt, dass kleinste Teilchen mehr als nur einen Zustand annehmen können. Darüber hinaus können Qubits miteinander „verschränkt“ werden: ändert sich das eine Qubit, ändert sich das andere. Je mehr verschränkt werden, desto höher die Leistung des Computers. Das Problem bei einem Quantencomputer liegt in der Überführung in die Praxis.
Der große Vorteil von Quantencomputern liegt in der Bewältigung von Aufgaben, die um ein Vielfaches schneller geschehen, als bei einem normalen Computer. Ein Beispiel: Um eine 232-stellige Zahl zu faktorisieren, bräuchte ein herkömmlicher Computer 1.500 Jahre, ein Quantencomputer wäre theoretisch nach einem Tag fertig. Dabei ist das erst der Anfang, die tatsächliche Stärke eines solchen Computers ist noch gar nicht final ausgelotet: "Die Magie der Quanten sind die exponentiell steigenden Möglichkeiten", sagt Chris Monroe von der Universität Maryland bei ZEIT Online. "Ein einzelnes Qubit ist noch recht banal, aber mit 300 Qubits hat man 2 hoch 300 Kombinationsmöglichkeiten, mehr als Teilchen im Universum." Die beeindruckenden Möglichkeiten, die dahinter liegen, sollten klar sein.
Die möglichen Anwendungsbereiche sind vielfältig: Von Börsenmaklern bis zum Geheimdienst haben diverse Institutionen Interesse an einem solchen Computer.
Ein Beispiel aus der Verkehrsplanung: Volkswagen möchte mit Hilfe eines Quantencomputers Verkehrsstaus auf der ganzen Welt vermeiden. Heutzutage ist es zwar schon, wie bei Google Maps, möglich auf Basis von Erfahrungswerten nahezu in Echtzeit zu berechnen, wo hohes Verkehrsaufkommen herrscht. Mit einem Quantencomputer allerdings kann mit dem passenden Algorithmus für jedes einzelne Auto berechnet werden, welche Route es nehmen muss. Gibt man diese Information an die Navigationsgeräte weiter, könnten Staus der Vergangenheit angehören. Ein etwas anderes Beispiel schlägt t3n vor: Wenn ein Restaurant etwa vorab weiß, mit wie vielen Gästen an einem Dienstagabend im Juni zu rechnen ist, dann könnte es seine Einkäufe entsprechend anpassen, was dazu führt, dass deutlich weniger Lebensmittel entsorgt werden müssen.
Die Gedankenspiele sind zurzeit vielfältiger Natur, die konkrete Entwicklung gestaltet sich allerdings sehr viel langsamer. Das liegt auch an der Konstruktion, die für einen Quantencomputer benötigt wird. Ein Auszug der Liste: Kühlung bis zum absoluten Nullpunkt (-273°C), eine Vakuumkammer, Laser und vieles mehr.
Im Jahr 2017 hat IBM einen Quantencomputer mit 17 Qubits der Öffentlichkeit vorgestellt. Mittelfristig will IBM auf 50 Qubits gelangen. Es wird vermutet, dass ein Quantencomputer mit 50 Qubits leistungsfähiger wäre als die heute bekannten Supercomputer. Aufgrund der teuren und langwierigen Produktion und den angeschlossenen Schwierigkeiten ist aber davon auszugehen, dass dies noch eine ganze Weile dauern wird.
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