24. Januar 2022
Kurzinterview mit Alexander Stotz, CEO Ströer Media Deutschland GmbH
Inwiefern können Stadtmöbel Städte auf dem Weg zur Smart City unterstützen?
Alexander Stotz: Mit einer Perspektive von zehn Jahren wird Stadtmöblierung nicht nur Werbeträger sein, sondern immer stärker Teil eines urbanen Gesamtsystems, einer sogenannten Smart City. Vor dem Hintergrund dieser angenommenen Entwicklung wird Ströer mit der Stadtmöblierung künftig eine Reihe von Zusatznutzen für eine noch leistungsfähigere Infrastruktur in Städten anbieten. Mehrere Projekte befinden sich in der Testphase oder sind bereits in der Umsetzungsphase. Im vergangenen Jahr hat Ströer beispielsweise damit begonnen, die ersten Wartehallen oder Litfaßsäulen bundesweit zu begrünen. Dies ist auch nachträglich mit vergleichsweise wenig Aufwand möglich.
Außerdem ist es möglich, Wartehallen mit Sensoren zur Messung der Luftqualität auszurüsten. Das erhöht die Zahl der Messstellen erheblich, ohne zusätzlichen öffentlichen Raum zu beanspruchen. So können Städte gezielter Maßnahmen zur Luftreinhaltung veranlassen. Zudem können Wartehallen auch Anlagen zum aktiven Filtern der Umgebungsluft aufnehmen und zuvorderst Feinstaub herausnehmen.
Neben Stadtmöbeln können aber auch weitere begrünte Flächen einen nachhaltigen Beitrag leisten. In München wurde kürzlich ein vertikaler Garten mitten in der Stadt – an der hochfrequentierten Rosenheimer Straße vorgestellt, wo wir einen Unterbau einer Bahnbrücke begrünt haben. In 15 Wochen Vorbereitungszeit entstand ein rund 90 Quadratmeter großer „grüner Garten“, der mit elf verschiedenen Pflanzen bestückt wurde. Hierin eingebettet sind zwei rund 10,5 Quadratmeter große, mit Ökostrom betriebene digitale Screens, die vor allem regionalen und lokalen Werbungtreibenden zur Verfügung stehen. Die Initiative ist ein Pilotprojekt für die bundesweite Begrünung von Brückenwiederlagern, um besonders den städtischen Bereich nachhaltiger und attraktiver zu gestalten.
Welchen Mehrwert bietet die Begrünung?
Alexander Stotz: Die bepflanzten Stadtmöbel und begrünten Flächen im urbanen Umfeld verdeutlichen auf charmante Weise, dass auch die Begrünung relativ kleiner Flächen ökologisch sinnvoll sein kann. Je mehr ‚grüne Inseln‘ wir in der Stadt haben, desto mehr dienen diese als Trittsteine, die Lebensräume von Insekten und anderer Arten miteinander verbinden. Der Effekt der Begrünung ist zwar nicht exakt quantifizierbar, langfristig hat sie aber eine positive Wirkung: Neben dem zusätzlichen Nahrungsangebot für Insekten wird durch die Pflanzen zudem Regen nicht einfach in die Kanalisation eingeleitet, sondern vom Bodensubstrat aufgenommen. Dabei nimmt das Dach einer Wartehalle zum Beispiel rund 180 Liter Wasser auf und gibt es an die Pflanzen ab. 50 bis 70 Prozent der Feuchtigkeit wird wiederum über die Pflanzen verdunstet und verbessert damit das Mikroklima der unmittelbaren Umgebung. Darüber hinaus filtern die Blätter Feinstaub. Und nicht zuletzt bleibt es bei Sonnenschein unter dem isolierten Dach kühler.
Die Reaktionen aus der Bevölkerung sind durchweg positiv, die Begrünungsprojekte werden zum Teil auch als Anregung für das private Umfeld genutzt. Ströer stößt mit den smarten Kommunikations- und Infrastrukturlösungen den lokalen, nachhaltigen Wandel an. Ziel ist es, Städte bei einer resilienten, umweltfreundlichen Stadtentwicklung zu unterstützen. Begrünungskonzepte sind Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie und der kommunalen Zusammenarbeit mit den Städten.
Welche Pflanzen werden für die Begrünung verwendet?
Alexander Stotz: Ströer hat in den vergangenen Jahren unterschiedliche Pflanzenarten zur Begrünung der Stadtmöblierung getestet. Neben optischen Zwecken sollen sie zur Verbesserung der Luftqualität beitragen und insektenfreundliche Bereiche schaffen. Dafür eingesetzte Pflanzen müssen allerdings eine gewisse Widerstandsfähigkeit aufweisen, denn sie sind sowohl intensiver Sonneneinstrahlung als auch längeren Trockenperioden ausgesetzt. Hier haben sich Sedum-Arten als besonders geeignet herausgestellt. Sedum gehört zu den Dickblattgewächsen und ist auch unter dem Namen „Fetthenne“ bekannt. Die dickfleischigen Blätter speichern Wasser und kühlen die Luft durch Verdunstung. Die verschiedenen Arten blühen zu unterschiedlichen Jahreszeiten, so dass das begrünte Dach bis spät in den Herbst Nahrung für Insekten liefern kann. Außerdem sind die Pflanzen kaum pflegeintensiv.