B21F6BB4-1C5E-4341-9402-72115F03EA26 07. Oktober 2024

Web3-Ausblick in die nächsten 10 Jahre mit Dr. Carsten Stöcker, CEO von Spherity Gmbh

Vor kurzem haben wir unser Crossroads Essay „The Future of Decentralized Web“ veröffentlicht. Was wir über das dezentrale Web wissen und welche Auswirkungen es in den nächsten 10 Jahren auf den deutschen Medien- und Kommunikationsmarkt haben wird. Mit unserer Interviewreihe möchten wir euch spannende Insights aus unseren Experteninterviews geben und starten die Serie mit Dr. Carsten Stöcker, CEO von Spherity GmbH.

Er ist der Gründer der Spherity GmbH. Spherity ist eine skalierbare dezentrale Identitäts-Cloud-Plattform für die vierte industrielle Revolution, die die physikalische, biologische und digitale Sphäre verbindet. Dr. Carsten Stöcker ist ausgebildeter Physiker und hat an der Universität Aachen promoviert. Darüber hinaus war er Ratsmitglied des Global Future Network des Weltwirtschaftsforums. Seine Leidenschaft gilt der Umsetzung von Identitäts- und Vertrauenstechnologien in produktive Lösungen für sichere Lieferketten, die Kreislaufwirtschaft und die vierte industrielle Revolution.

Einführung: Das neue Zeitalter digitaler Identitäten

In einer Welt, die zunehmend von digitalen Identitäten abhängig ist, gewinnen Konzepte wie dezentralisierte Datenhaltung und dezentralisierten Identität an Bedeutung.  

Dezentralisierte Identitäten – auch Self-Sovereign Identity (SSI) genannt – ermöglichen es Einzelpersonen und Unternehmen, ihre Daten selbst zu verwalten, ohne auf eine zentrale Institution wie Google, Facebook, Bosch oder Siemens angewiesen zu sein. Diese Identitäten basieren auf offenen Standards und robusten Sicherheitsmechanismen und bieten mehr Datenschutz und Kontrolle über die eigenen persönlichen Daten oder Unternehmensdaten. 

Die dynamische Expansion dieses Marktes, angetrieben durch den Bedarf an sichereren und benutzerfreundlicheren Identitätsmanagementlösungen, verspricht laut Grand View Research und Gartner (https://www.grandviewresearch.com/industry-analysis/decentralized-identity-market-reporthttps://www.gartner.com/en/documents/5560195) eine jährliche Wachstumsrate von über 90% bis 2030. Diese Lösungen sind von grundlegender Bedeutung für digitale Innovationen sowie die Verbesserung von Datenschutz und Compliance in verschiedenen Branchen. 
 

Bürgeridentität in der EU 

Die Europäische Union legt mit dem EUDI Wallet die Grundlage für eine umfassende Bürgeridentität. Dieses digitale Wallet ermöglicht es Bürgern, sich mit digitalen Versionen von Personalausweisen, Führerscheinen oder Mitgliedskarten auszuweisen. Zukünftig können EU-Bürger damit nicht nur reisen, sondern auch sicher und einfach einkaufen. Diese Entwicklung verspricht eine bedeutende Erleichterung im Alltag der Menschen und fördert die digitale Integration innerhalb der EU. 
 

Industrie 4.0 und das dezentralisierte Web 

Die Entwicklung von Industrie 4.0 basiert auf der umfassenden Vernetzung und Automatisierung von Produktionsprozessen. Dezentralisierte Identitäten spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie nicht nur die Sicherheit dieser vernetzten Systeme erhöhen, sondern auch die Kontrolle über Daten direkt in die Hände der Benutzer legen. In diesem Zusammenhang bietet die Verwendung von dezentralen Systemen einen klaren Vorteil gegenüber zentralen Ansätzen. Während zentrale Systeme die Daten an einem Ort sammeln und verwalten, was zu Sicherheitsrisiken und Abhängigkeiten führen kann, verteilen dezentrale Systeme die Daten über verschiedene Knotenpunkte. Dies schafft nicht nur mehr Sicherheit und Kontrolle, sondern ermöglicht auch eine skalierbare Infrastruktur. 

Ein konkretes Beispiel hierfür ist der Einsatz von IoT-Geräten in der Industrie 4.0. Diese Geräte generieren ständig Daten und kommunizieren miteinander. Durch die Verwendung von dezentralen Identitäten können diese IoT-Geräte eindeutig identifiziert und authentifiziert werden, wodurch sichergestellt wird, dass nur autorisierte Geräte und Nutzer auf die sensiblen Produktionsdaten zugreifen können. Dies schützt die Systeme vor Manipulationen und Cyberangriffen und schafft die Grundlage für eine sichere und robuste industrielle Revolution. 
 

Zentrale vs. Dezentrale Systeme 

Dezentrale Systeme minimieren Risiken und legen die Datenkontrolle in die Hände der Nutzer, im Gegensatz zu zentralen Systemen, die Daten auf den Servern großer Technologieunternehmen speichern und verwalten. Dies ist besonders relevant in einer hyper-vernetzten Welt, in der ständig sich vorher unbekannte Nutzer miteinander interagieren, deren Vertrauen durch sichere digitale Identitäten aufgebaut werden muss. 
 

EU Data Strategy 

Die EU verfolgt mit ihrer Datenstrategie das Ziel, eine digitale Infrastruktur zu schaffen, die auf Datensouveränität basiert und unabhängig von großen Tech-Plattformen agiert. Im Mittelpunkt steht die Fähigkeit Europas, seine eigenen Daten zu kontrollieren, zu schützen und effizient zu nutzen. Dies erfordert nicht nur eine stärkere Regulierung, sondern auch den politischen Willen, das Internet zu dezentralisieren und die Abhängigkeit von monopolistischen Akteuren zu verringern. Die Datenräume der EU, die in verschiedenen Sektoren wie Gesundheit, Mobilität und Industrie entstehen, sind Teil dieser Strategie und sollen den freien, sicheren und transparenten Austausch von Daten zwischen europäischen Akteuren ermöglichen. 

Dezentrale Identitäten sind ein Schlüssel dieser Strategie, da sie Bürgern und Unternehmen die volle Kontrolle über ihre Daten gewähren, im Gegensatz zu zentralisierten Systemen, in denen große Tech-Plattformen die Daten verwalten. Diese Technologie unterstützt den Aufbau einer nachhaltigeren digitalen Wirtschaft, die auf Datensicherheit, fairen Wettbewerb und Unabhängigkeit setzt. Die EU sieht darin einen zentralen Weg, um Datenschutz zu gewährleisten und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit Europas in der digitalen Ökonomie zu stärken. 
 

Meta-Plattformen und Netzwerkeffekte 

Meta-Plattformen bieten Unternehmen die Möglichkeit, über verschiedene digitale Ökosysteme hinweg zusammenzuarbeiten, ohne dabei auf eine zentrale Kontrollinstanz angewiesen zu sein. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist Catena-X in der Automobilbranche. Diese Plattform ermöglicht es, dass verschiedene Akteure innerhalb einer Lieferkette – vom Zulieferer bis zum Hersteller – sicher und effizient Daten austauschen. Dabei spielen dezentrale Identitäten eine zentrale Rolle, um sicherzustellen, dass alle beteiligten Unternehmen und Systeme eindeutig authentifiziert werden und nur autorisierte Zugriffe stattfinden. 

Der Vorteil solcher Meta-Plattformen liegt darin, dass die beteiligten Unternehmen ihre eigenen Daten kontrollieren können, während sie gleichzeitig in einem vernetzten System operieren. So wird der Datenaustausch in der Lieferkette sicherer und transparenter, und das Vertrauen zwischen den Partnern wächst, ohne dass eine zentrale Plattform nötig ist, die möglicherweise Risiken für Datenmissbrauch oder Abhängigkeiten birgt. 

Solche Plattformen schaffen nicht nur Netzwerkeffekte, indem sie mehr Teilnehmer zur Teilnahme motivieren – je mehr Unternehmen teilnehmen, desto wertvoller wird die Plattform –, sondern sie fördern auch die Interoperabilität und den nahtlosen Datenaustausch zwischen verschiedenen Systemen und Branchen. 

Notwendigkeit für ein modernisiertes Internet 

Obwohl das Internet ursprünglich auf Dezentralität ausgelegt war, haben sich in der Zwischenzeit zentrale Plattformen als Maß der Dinge durchgesetzt. Die Adoption einer sicheren Vertrauensinfrastruktur auf Basis dezentraler Identitäten steht also immer noch aus. Die Technologie ermöglicht es uns nun, dieses Problem anzugehen und ein "Internet Next Level" zu schaffen, das für unsere moderne Welt – geprägt von Desinformation, Cyber-Kriegsführung und fortschreitender Digitalisierung – von entscheidender Bedeutung ist, damit wir uns gleichzeitig sicher in der digitalen Welt sowie unseren zukünftigen Smart Cities bewegen können. Dieser Blogpost beleuchtet die wichtige Rolle, die dezentralisierte Identitäten in der Zukunft des Internets und der globalen Wirtschaft spielen werden, indem sie eine sicherere und kooperative digitale Umgebung schaffen. 

Aktueller Stand der Technologie: Standardisierung und Adoption

Der Erfolg dezentralisierter Identitätstechnologien hängt stark von der Standardisierung und deren Adoption ab. Standards wie Decentralized Identifiers (DIDs) und Verifiable Credentials (VCs), die vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt wurden, bilden die Grundlage für Interoperabilität. Diese Interoperabilität ist entscheidend, um Identitätsdaten sicher und plattformübergreifend nutzen zu können. Initiativen wie die Decentralized Identity Foundation (DIF) und das European Digitale Identity Wallet (EUDI Wallet) sowie das Architecture Reference Framework (ARF) treiben die Verbreitung weiter voran. 

Spherity engagiert sich aktiv in der Standardisierung durch die Unterstützung von W3C, DIF und dem EU Digital Identity Wallet. Mit unserer Arbeit fördern wird die Verbreitung und Akzeptanz der Technologie in Deutschland. Wir arbeiten derzeit u.a. an einer Umsetzung der Technologie zur Automatisierung von Unternehmens-KYC-Prozessen im Bankwesen.  

Das EUDI Wallet (European Digital Identity Wallet) ist ein digitales Tool, das von der Europäischen Union entwickelt wird, um Bürgern und Unternehmen eine sichere und vertrauenswürdige Teilnahme an der digitalen Ökonomie zu ermöglichen. Mit dem EUDI Wallet können Menschen digitale Versionen ihrer Identitätsdokumente, wie Personalausweise oder Führerscheine, sowie weitere Nachweise, wie Mitgliedskarten oder Qualifikationsnachweise, speichern und verwenden. 

Das Wallet ermöglicht es, sich digital auszuweisen, ohne immer alle persönlichen Informationen offenzulegen. Beispielsweise kann ein Bürger nachweisen, dass er volljährig ist, ohne sein genaues Geburtsdatum preiszugeben. Dies erhöht den Datenschutz erheblich. 

Für Unternehmen bietet das EUDI Wallet ebenfalls Vorteile. Es ermöglicht eine vereinfachte Identitätsverifizierung und kann beispielsweise im E-Commerce oder bei digitalen Behördengängen genutzt werden. Durch den Einsatz des EUDI Wallets wird die Interoperabilität innerhalb der EU gestärkt, sodass Bürger und Unternehmen in allen Mitgliedsstaaten nahtlos digitale Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. 

In naher Zukunft - ungefähr 2-3 Jahre - wird es für jeden EU-Bürger und jedes Unternehmen möglich sein, ein solches Wallet zu besitzen und damit sicher an der digitalen Wirtschaft teilzunehmen. Die Einführung des EUDI Wallets ist ein wichtiger Schritt hin zu einer umfassenden digitalen Transformation in Europa. 

International wird die Technologie ebenso genutzt. In Neuseeland etwa wurden während der COVID-19-Krise digitale Impfausweise eingeführt. In der Automobilindustrie unterstützt die Technologie globale Wertschöpfungsketten durch Projekte wie Catena-X, die Authentizität und Herkunft von Autoteilen sichern. In den USA verbessert Spherity die Sicherheit der Pharmaversorgungskette durch den Einsatz dezentralisierter Identitäten, was die Sicherheit des Datenaustausch zwischen autorisierten Supply Chain Akteuren erheblich stärkt. 

Zukünftige Entwicklungen und Innovationen 

In den nächsten zehn Jahren werden dezentrale Identitätstechnologien exponentiell wachsen und zahlreiche neue Anwendungsfelder erschließen, die sowohl das tägliche Leben als auch verschiedene Industrien grundlegend verändern. Basierend auf elf Megatrends (https://medium.com/spherity/decentralized-identity-how-10-mega-trends-are-driving-adoption-and-shaping-the-future-c8144a51de1b) lässt sich bereits heute absehen, dass diese Technologien eine Schlüsselrolle in der digitalen Wirtschaft und dem Aufbau von globalem Vertrauen spielen werden. Diese Trends beinhalten die zunehmende Bedeutung von Datensouveränität, die Verschiebung hin zu Web3 und die Integration von Self-Sovereign Identity (SSI) in verschiedene digitale Ökosysteme. 

 

Technologische Fortschritte 

Besonders sichtbar werden die Fortschritte in Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge (IoT). Projekte wie Catena-X in der Automobilindustrie nutzen heute bereits dezentrale Identitäten, um die Transparenz und Rückverfolgbarkeit in globalen Lieferketten zu gewährleisten. Mit der breiteren Implementierung dieser Technologien wird es möglich sein, dass Produktinformationen über den gesamten Lebenszyklus hinweg nachverfolgt werden oder unternehmensübergreifende Produktionsprozesse optimiert werden können. Dies bietet nicht nur Effizienzvorteile, sondern sorgt auch für mehr Sicherheit in den Lieferketten, da die Authentizität von Bauteilen oder Produkten eindeutig verifiziert werden kann. 

In der Finanzbranche wird der Einsatz von SSI und dezentralen Finanzsystemen (DeFi) zunehmen. Diese Technologien ermöglichen es Menschen und Unternehmen, ihre Identitäten und Daten sicher zu kontrollieren, ohne auf zentrale Instanzen wie Banken angewiesen zu sein. Dies wird das Vertrauen in digitale Transaktionen stärken, insbesondere in Bereichen wie dem grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und der digitalen Vermögensverwaltung. 

 

Neue Anwendungsfelder 

In den kommenden Jahren werden dezentrale Identitäten in neuen Bereichen wie Cyber-Physical Systems (CPS), dem Gesundheitswesen und der Nachhaltigkeit stark an Bedeutung gewinnen. Im Gesundheitssektor werden Technologien wie digitale Gesundheitsausweise, die dezentral und interoperabel sind, zur Standardlösung, um sensible Daten sicher und transparent zu verwalten. Patienten können ihre Gesundheitsdaten direkt steuern und gezielt mit medizinischen Einrichtungen teilen, was gleichzeitig die Privatsphäre schützt und den Zugang zu Gesundheitsdiensten erleichtert. 

Im Bereich der Nachhaltigkeit spielen dezentrale Identitäten eine Schlüsselrolle in der Rückverfolgbarkeit von ESG-Daten (Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten). Der Digitale Produktpass (DPP), der in der EU bald verpflichtend wird, wird es ermöglichen, dass Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg transparent verfolgt und verifiziert werden können. Dies reduziert das Risiko von Greenwashing und stellt sicher, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsversprechen einhalten. 

 

Potenzielle Auswirkungen auf Alltag und Industrie 

Die Einführung dezentraler Identitäten wird nicht nur in der Industrie, sondern auch im täglichen Leben weitreichende Auswirkungen haben. Mit dem EUDI Wallet, das Bürgern die Nutzung digitaler Ausweisdokumente ermöglicht, wird die Teilnahme an der digitalen Wirtschaft einfacher und sicherer. Dies betrifft insbesondere den E-Commerce, den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen und das Reisen. Bürger werden in der Lage sein, ihre digitalen Identitäten grenzübergreifend zu verwenden, was den grenzlosen Handel und die Mobilität innerhalb der EU deutlich erleichtert. 

Dezentrale Identitäten werden somit sowohl den Alltag von Bürgern als auch die Betriebsabläufe in Industrien radikal verändern, indem sie Transparenz, Sicherheit und Effizienz fördern und dabei die Kontrolle über persönliche und geschäftliche Daten stärken. 

Herausforderungen und Grenzen 

Die Einführung dezentraler Identitäten eröffnet zahlreiche Chancen, ist jedoch auch mit erheblichen Hürden verbunden. Diese Herausforderungen lassen sich in drei Hauptkategorien unterteilen: technische, rechtliche und soziale. 

 

Technische Herausforderungen 

Eine der größten technischen Herausforderungen bei dezentralen Identitäten ist die Interoperabilität zwischen den verschiedenen Plattformen und Ökosystemen. Um eine breite Akzeptanz zu erreichen, müssen Standards wie Decentralized Identifiers (DIDs) und Verifiable Credentials (VCs) weltweit übernommen werden. Die Entwicklung solcher globalen Standards ist jedoch komplex, da sie eine enge Zusammenarbeit zwischen internationalen Gremien, Regierungen und Unternehmen erfordert. 

Zusätzlich stellt die Skalierbarkeit von Blockchain-basierten Systemen eine technische Hürde dar. Blockchains bieten eine hohe Sicherheit, können jedoch bei einer globalen Implementierung zu Engpässen führen, was die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Kosten beeinflussen kann. Auch die Verwaltung von Schlüsseln in dezentralen Identitätssystemen ist ein technisches Problem, da Nutzer ihre kryptografischen Schlüssel sicher aufbewahren müssen, was für viele eine Herausforderung darstellt. 

 

Rechtliche Herausforderungen 

Ein weiteres bedeutendes Hindernis bei der Einführung dezentraler Identitäten sind die rechtlichen Rahmenbedingungen. In Europa regelt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den Umgang mit persönlichen Daten. Dezentrale Identitäten müssen DSGVO-konform gestaltet werden, was bedeutet, dass die Nutzer jederzeit die Kontrolle über ihre Daten behalten. Dies verstärkt zwar den Schutz der Privatsphäre, bringt aber auch neue Anforderungen an das Design solcher Systeme mit sich. 

Darüber hinaus existieren weltweit sehr unterschiedliche Datenschutzgesetze. Die eIDAS 2.0-Verordnung der EU zielt darauf ab, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Identifizierung und Authentifizierung im digitalen Raum zu vereinheitlichen. Jedoch ist die Harmonisierung solcher Gesetze auf globaler Ebene eine große Herausforderung. Die unterschiedlichen Vorschriften zur Identitätsprüfung, zum Datenschutz und zur Datenverarbeitung erschweren die Entwicklung universell einsetzbarer Lösungen. 

 

Soziale Herausforderungen 

Auf der sozialen Ebene ist das Vertrauen in diese neue Technologie eine wesentliche Hürde. Dezentrale Identitäten bieten Nutzern die Möglichkeit, ihre eigenen Daten zu verwalten. Doch viele Menschen sind mit dem Konzept der Selbstverwaltung ihrer digitalen Identitäten nicht vertraut oder haben Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Blockchain-Technologien. Dies kann zu einer zögerlichen Akzeptanz führen. 

Auch die Gefahr einer wachsenden digitalen Kluft ist ein soziales Problem. Menschen ohne ausreichenden Zugang zu digitalen Technologien oder ohne technische Kenntnisse könnten von wichtigen Diensten ausgeschlossen werden, da diese zunehmend nur noch digital verfügbar sind. Um dies zu verhindern, müssen die Lösungen benutzerfreundlich gestaltet und die Bevölkerung umfassend aufgeklärt werden. 

Nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie, Regierung und der Gesellschaft kann das volle Potenzial dieser Technologie ausgeschöpft werden. 

Digitale Identitäten: Eine Technologie, die Ökosystem Leadership erfordert 

Digitale Identitäten sind eine Ökosystem-Technologie, die nur dann ihr volles Potenzial entfalten kann, wenn sie in einem kooperativen Umfeld eingesetzt wird, in dem verschiedene Akteure zusammenarbeiten. Um dies zu erreichen, bedarf es eines starken authentischen Ökosystem-Leaderships – Führungspersönlichkeiten und Organisationen, die das Vertrauen und die Interoperabilität in einem solchen System sicherstellen. 

Ich wünsche mir mehr Zusammenarbeit mit solchen Leadern aus der Industrie, die bereit sind, nicht nur die Technologie voranzutreiben, sondern auch die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um ein florierendes Ökosystem zu ermöglichen. Dabei ist Mut erforderlich, sich zunächst auf einen einfachen Anwendungsfall zu konzentrieren und diesen erfolgreich in einem Ökosystem zu implementieren. Durch den gemeinsamen Fokus auf einen konkreten Anwendungsfall können alle Beteiligten schneller Erfahrungen mit der Nutzung der Technologie sammeln und deren Vorteile in der Praxis besser in „Real World“ Anwendungen realisieren. 

Ausblick

In den nächsten zehn Jahren werden dezentrale Identitäten eine Schlüsselrolle in der digitalen Transformation spielen. Die fortschreitende Standardisierung, etwa durch Initiativen wie das EUDI Wallet in Europa und regulatorische Rahmenwerke wie eIDAS 2.0, schafft die Basis für eine sichere, interoperable und benutzerfreundliche digitale Infrastruktur. Dies wird die Art und Weise, wie wir mit unseren persönlichen Daten umgehen, revolutionieren.  

Jeder Bürger und jedes Unternehmen wird zunehmend in die Lage versetzt, sich digital auszuweisen, Dienstleistungen effizienter in Anspruch zu nehmen und Transaktionen sicher abzuwickeln.

Für Unternehmen, insbesondere in stark regulierten Branchen wie Pharma, Automobil und Energie, werden digitale Identitäten unerlässlich sein, um gesetzliche Vorschriften einzuhalten und gleichzeitig Transparenz und Effizienz in den Lieferketten zu verbessern.  

Der Digitale Produktpass (DPP), den die EU-Kommission als ein fundamentales Element der digitalen Infrastruktur betrachtet, wird dabei helfen, die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Der DPP ist entscheidend, um die Ziele des Klimaschutzes, den verantwortungsvollen Umgang mit kritischen Rohstoffen und die Vermeidung von Abfällen zu erreichen. 

Darüber hinaus bilden dezentrale Identitäten die Grundlage für die Industrie 4.0 und Smart Cities. In der Industrie ermöglichen sie die Automatisierung und Optimierung von Produktionsprozessen, während in Smart Cities eine sichere und effiziente Verwaltung von städtischen Infrastrukturen und Dienstleistungen realisiert werden kann. Dezentrale Identitäten gewährleisten, dass die Vernetzung von IoT-Geräten, städtischen Systemen und Bürgerdiensten sicher und transparent erfolgt. 

Sie wollen mehr wissen? Sich mit uns austauschen? Schreiben Sie uns gerne an: Strategie(at)stroeer.de