20. März 2024
Seit nunmehr 10 Jahren kuratieren wir jeden Montag im Rahmen unseres Newsletters „10 things you need to know“, die heißesten Trends und Innovationen für den deutschen Medienmarkt. Dieses runde Jubiläum haben wir zum Anlass genommen und im Rahmen einer Blogserie „3 Fragen an“, namhafte Medienschaffende gebeten, die aus ihrer beeindruckendsten strukturellen Veränderungen der vergangenen Jahre, die aktuell wichtigsten Herausforderungen und die zukünftigen am sehnsüchtigsten, gewünschten Innovationen zu beschreiben.
Die große Frage der Finanzierung von Online-Inhalten – vor allem im journalistischen Bereich – ist nicht mehr der Elefant im Raum, der besser nicht adressiert wird. Warum? Weil er nicht länger ignoriert werden kann. Als ich 2015 das Online-Magazin Perspective Daily als rein leserfinanziertes und werbefreies Angebot mitgegründet habe, war das in Deutschland „exotisch“. Heute gibt es kaum noch ein digitales journalistisches Angebot, das nicht auf mindestens teilweise bezahlten Content setzt. Aus dem einfachen Grund, weil sich die Vorstellung, dass Anzeigen und Sponsored Content für eine nachhaltige Finanzierung ausreichen, als Irrglaube erwiesen hat.
Die für alle offensichtlichere Veränderung ist natürlich die Fragmentierung, die mir als Neurowissenschaftlerin und Bürgerin Sorgen macht: Es wird zunehmend leichter, eine komplett falsche und häufig durch Verschwörungserzählungen geprägte Weltsicht zu füttern, indem ich bestimmte mediale Inhalte nutze. Unser Gehirn ist leider sehr anfällig dafür, weil wir – gerade in unsicheren Zeiten – vor allem die eigenen Vorstellungen bestätigen wollen und nach einfachen (vermeintlichen) Erklärungen und Antworten auf komplexe Fragen suchen.
Ich denke, übergeordnet geht es darum, dass wir begreifen, dass „digitale Medien und Strukturen“ nicht vom Himmel fallen, sondern von Menschen gemacht und geformt werden. Es ist ein wenig wie mit der Diskussion um das Verhältnis von Mensch und Arbeit beziehungsweise der Frage, ob die Wirtschaft dem Menschen dient oder umgekehrt. Es liegt an uns auf allen Ebenen – also als Individuen, in Unternehmen und auch in der Gesetzgebung (Stichwort „Regulation“) kluge im Sinne von langfristig sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Wir haben mit unseren großartigen Gehirnen eine Infrastruktur geschaffen, die uns als Menschen nicht nur näher zusammenbringen, sondern auch unseren Alltag angenehmer gestalten kann. Aktuell gehen aber viele Entwicklungen in die gegenteilige Richtung: Polarisierung, Identitätspolitik und extremer Hass werden gefördert. Das müssen wir besser machen und dafür sind alle gefragt!
Sehr wahrscheinlich wird uns das Thema sogenannter Künstlichen Intelligenzen in den kommenden Jahren nicht nur weiter beschäftigen, sondern zahlreiche gesellschaftliche Konventionen neu ausloten lassen. Dabei ist die riesige Macht und (häufig nicht wahrgenommene) Verantwortung einiger Konzerne Dreh- und Angelpunkt. Das Katz- und Mausspiel aus „mehr Fake“ und „bessere Erkennungsmöglichkeiten“ wird uns nicht weiterbringen, sondern wichtige Ressourcen fressen, die wir so viel besser für die zentralen Menschheitsaufgaben unserer Zeit nutzen können, allen voran der Klimanotfall und die Biodiversitätskrise. Aktiv hoffend setze ich auf den unzerstörbaren Überlebenswillen und die damit verbundene Fähigkeit zu kooperieren von uns Menschen, die dabei eine digital geschärfte Informationsweitergabe sehr gut gebrauchen können!
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