B21F6BB4-1C5E-4341-9402-72115F03EA26 29. Januar 2025

Thomas Koch über KI, die Kraft des richtigen Augenblicks und die Zukunft der (D)OOH-Kreationsgestaltung

Wie entsteht Werbung, die nicht nur auffällt, sondern wirklich im Gedächtnis bleibt? Diese Frage steht im Zentrum unserer Blogserie zur Kreationsgestaltung von (D)OOH Motiven und Spots  – und wer könnte besser darauf antworten als Thomas Koch, der als „Mr. Media“ eine der prägendsten Persönlichkeiten der deutschen Werbebranche ist?

Als Berater, Kolumnist, Media-Strategie- und -Planungs-Experte mit über 50 Jahren Erfahrung spricht er nicht nur über den Zustand der (D)OOH-Kreationen, sondern gibt auch einen Geheimtipp, womit Media und Kreation wirklich starke Kampagnen schaffen können – Spoiler: Es ist nicht KI. 

Frage Eins

Wie schätzen Sie die Entwicklung von (D)OOH-Kreationen im Jahr 2024 vor dem Hintergrund einer sich ständig verändernden Medienlandschaft ein?

(D)OOH ist in vielerlei Hinsicht ein sehr besonderes Medium, das dem Wettbewerb mit jedem anderen Medium bestens gewachsen ist. Es ist das Öffentlichste aller Medien, zwingt jedoch die Werber bei der Gestaltung ihrer Botschaften auf den Punkt zu kommen. Etwas Besseres kann einer Kampagne nicht passieren. Kein Medium baut Sichtbarkeit für eine Marke und Öffentlichkeit für ihre Botschaft besser auf als (D)OOH. Dies wurde in der Vergangenheit bei vielen Mediastrategien vernachlässigt und hat unzählige Marken unnötig geschwächt.

DOOH ist gleichzeitig natürlich ein digitales Medium mit allen Vorzügen der digitalisierten, individualisierten Zielgruppenansprache. Es verbindet die Vorteile der Massenansprache der Plakatierung mit Anforderungen moderner Kommunikation an digitales Bewegtbild-Targeting.

Für die Kreation entsteht daraus eine Fülle neuer Möglichkeiten der Gestaltung. DOOH kann mehr als OOH und beide zusammen sind Print und Online überlegen. Noch schöpfen nicht alle Kampagnen diese Möglichkeiten aus, aber die Werber machen Riesenfortschritte. Welche Fortschritte insbesondere DOOH kreativ macht, zeigt sich jedes Jahr bei der DOOH Creative Challenge. Die besten OOH-Kampagnen kürt alljährlich die PlakaDiva. Darauf darf die Branche stolz sein.
 

Frage Zwei

Was sind vor diesem Hintergrund die wichtigsten Elemente, die eine (D)OOH-Kampagne erfolgreich machen?

Eine Kampagne auf (D)OOH-Screens und Plakaten stellt den Absender und seine Botschaft in die Öffentlichkeit wie kein zweites Medium. Man kann eine Marke nicht stärker aufbauen und pflegen, als wenn Millionen Menschen sie in gleicher Weise wahrnehmen. (D)OOH bekämpft damit die größte Schwäche digitalisierter Kampagnen, die sich zunehmend um eine personalisierte Ansprache bemühen, dabei jedoch das Branding missachten. Dieses Phänomen ist am ehesten vergleichbar mit dem Kinderspiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst.“

Mit seiner konkurrenzlos hohen Reichweite baut (D)OOH sogar eine Brücke zwischen Branding und Performance und liefert damit die Lösung eines der größten Herausforderungen derzeitiger Kommunikation. Reichweite – das beweisen unzählige Cases ebenso wie die gesammelten Forschungsarbeiten von Byron Sharp – ist die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg jeder Kampagne. (D)OOH steigert die Reichweite und pusht dadurch die Wirkung jedes Mediaplans.

Ein Punkt, der mir wichtig ist, jedoch nicht von allen MediaplanerInnen umgesetzt wird, ist der Augenblick des Kontakts. Anders als bei anderen Medien wissen wir nicht nur, wer das Plakat sieht, sondern auch, was die Menschen in diesem speziellen Augenblick tun: einkaufen, reisen, tanken, essen, fitnessen, zur Arbeit fahren, nach der Arbeit nach Hause fahren. Wer mit seiner Botschaft auf die Situation eingeht, erwischt den „richtigen Augenblick“ und steigert die Relevanz der Botschaft. Es sind drei Elemente – Reichweite, Relevanz und der richtige Augenblick – die den Erfolg einer Kampagne steuern und ausmachen.  

Erfolg hat längst auch mit Nachhaltigkeit zu tun. Wir stehen in der Verantwortung, die Emissionen der Werbung deutlich zu senken. Alle Marken, die den Werbemarkt durch ihre Spendings ernähren, können nur in einer Welt und einer Zukunft weiterhin prosperieren, in der es zu leben lohnt. Wir wissen längst, wie man Kampagnen nachhaltiger konzipiert, mediaplant und produziert. Wir haben verstanden, dass Medien wie CTV, (D)OOH und Audio im Mix nicht nur Emissionen senken helfen, sondern gleichzeitig Reichweite, Sichtbarkeit und Wirkung jeder Kampagne steigern können. Das ist Win-win in Perfektion.
 

Frage Drei

Wie bewerten Sie die Rolle von KI bei der Kreationsgestaltung von (D)OOH-Kampagnen und wie sollten sich Kreative zukünftig in diesem Zusammenhang positionieren?

Alle Welt redet über KI. Es gibt wohl kein Thema, über das mehr gesprochen und gestritten wird und kein Topic, das auf der Prioritäten-Liste der Rankings weiter oben steht als Künstliche Intelligenz. Immer mehr Werbungtreibende und Agenturen loten derzeit aus, welche Arbeiten künftig die Maschine erledigen kann. Großes Potenzial wird in der Optimierung von Marketingprozessen gesehen, wo KI Kampagnen gezielter und effizienter gestalten kann. Ein weiterer Bereich ist die kreative Arbeit, wo derzeit 70 Prozent der Unternehmen KI testen.

Ich würde mir für Marketing und Werbung wünschen, wenn statt immer nur nach Effizienz nach mehr Effektivität gerufen und sich Werbekunden, Kreative und Mediaexperten stärker um die Wirkung ihrer Kampagnen bemühen. Das würde gelingen, wenn KI uns künftig hilft, Zielgruppen punktgenauer zu erreichen und individuelle Motive nach Zielgruppen-Schwerpunkten aussteuert. Davon sind wir nicht weit entfernt. Es besteht jedoch die Gefahr, dass uns KI nur noch mehr von Gleichen liefert. Entscheidend ist in meinen Augen deshalb, dass wir den Erfolg der KI danach bemessen, ob sie unsere Kampagnen nachweislich wirksamer macht. Wenn nicht, ist KI nichts weiter als eine nicht tolerierbare Steigerung des Stromverbrauchs.

Mein Rat an beide Disziplinen – Kreation und Media – ist, intensiver als bisher zusammenzuarbeiten. Solange Kreation und Media räumlich, intellektuell und konzeptionell getrennt voneinander arbeiten, kann nie eine überragende Kampagne entstehen. Da hilft auch keine KI.  
 

Mit Thomas Koch haben wir einen Einblick in den aktuellen Stand der (D)OOH-Kreationsgestaltung erhalten – von der Bedeutung von (Digital)-Out-of-Home für das Brandbuilding bis hin zur Rolle von KI. Doch wie bewerten andere Experten die Herausforderungen und Chancen in diesem Bereich? Lesen Sie in den kommenden Wochen auch unsere Interviews mit Wolfgang Hothum (IKAO) und Joachim Netz (MediaAnalyzer), die weitere spannende Perspektiven und wertvolle Tipps liefern.