B21F6BB4-1C5E-4341-9402-72115F03EA26 15. Januar 2025

Jetzt wird es persönlich: Programmatic Creation bei DOOH

Personalisierte Werbeerfahrung durch Programmatic Creation und Programmatic Advertising

In unserem täglichen Leben begegnen wir Außenwerbung auf unterschiedlichen Wegen und in verschiedenen Formen: Ob groß, imposant, digital oder analog. Doch wie schafft man es, bei durchschnittlich zwei Sekunden Betrachtungszeit die volle Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu gewinnen und eine Botschaft zu vermitteln, die im Gedächtnis bleibt? Das bringt besondere Spielregeln und Gestaltungstipps mit sich.

Unser Autor Thomas Wacker zeigt in diesem Artikel die Möglichkeiten von programmatischer Werbung im DOOH-Kontext auf. 

Die digitale Transformation eröffnet Werbetreibenden auch im Bereich DOOH grundlegend neue Wege, Zielgruppen treffsicher und individuell anzusprechen. Programmatisches Ausspielen von Werbemitteln über Adserver ermöglicht die zielgerichtete Auswahl von Ort, Zeit und Inhalt in Relation zur gewünschten Zielgruppe. Eine so personalisierte Erfahrung steigert die Relevanz der Werbung für den Einzelnen sowie die Wirkung von Kampagnen für Unternehmen.

Die Möglichkeit differenzierter Auswahl bis auf die Ebene einzelner Werbeträger erfordert die Kreation und Produktion sinnvoll individualisierter Werbemittel – angesichts einer ständig zunehmenden Formatvielfalt im Bereich DOOH keine triviale Herausforderung. Wir reagieren darauf mit unterschiedlichen Konzepten, bis hin zu Werbemitteln, die sich dynamisch selbst anpassen. 

Individualisiert vorgefertigte Werbemittel

Ein klassisches Produkt und ein noch unbekannter Anbieter – die Awareness-Kampagne zu den Kinderuhren der Marke „KWIO“ wurde 2022 als Testcase zur Einreichung für die DOOH Creative Challenge konzipiert. Mit einer Ausspielung auf dem gesamten Public Video Medienportfolio in Hamburg sollten Möglichkeiten und Herausforderungen von Programmatic Creation erprobt werden.

Mit der Kampagne wurden Grundschulkinder und deren Eltern angesprochen, stets mit direktem Bezug zur aktuellen Tageszeit und dem Medienstandort, sofern eine Grundschule in dessen Umfeld positioniert war.

Die direkte Ansprache im zeitlichen Kontext des eigenen Alltags bis hin zur eigenen Position im Stadtraum schafft eine stark personalisierte Werbeerfahrung. Ob Elterntaxi, Nahverkehr oder zu Fuß: „Da hat sich jemand über mich und meine Bedürfnisse Gedanken gemacht und hat eine gute Idee, wie ich die Herausforderung Pünktlichkeit stemmen kann.“

Die Kampagne hat Eltern und Kinder über den Tageslauf begleitet und inhaltlich stets ein bestimmtes Zeitfenster gespiegelt.

Schulbeginn, Schulschluss, später Nachmittag/früher Abend und Bettgehzeit wurden in einem angepassten Zeitraster gebucht. Standorte in Schulnähe wurden morgens mit Geo-Targeting (Stadtviertel) zusätzlich individualisiert.

Neben der unterschiedlichen Ansprache wurden die einzelnen Motive auch durch die in der Uhr angezeigten Zeiten angepasst. Bei der verwendeten Uhr handelt es sich um eine 3D-Visualisierung, die sich zusätzlich im Raum dreht und die Zeiger in einem entsprechenden Zeitraffer bewegt.

Individualisierte Werbemittel bieten die Möglichkeit effektiver Zielgruppenansprache, allerdings muss auch die Herausforderung bei der Produktion erwähnt werden. Formatvielfalt des Hamburger Portfolios und Anpassung nach Zeit und Ort haben für diese Kampagne über 30 verschiedene animierte Motive und diverse 3D-Renderings nötig gemacht. Man kann überschlagen, was das für eine räumlich breiter angelegte Ausspielung bedeuten würde. Beim Einsatz gänzlich vorgefertigter Werbemittel muss das Kosten-Nutzen-Verhältnis daher stets im Blick bleiben.
 

Dynamische Werbemittel

Werbemittel, die sich eigenständig nach verschiedenen Targeting-Konzepten dem jeweils aktuellen Kontext anpassen, bieten eine noch höhere Individualisierung und können Produktionskosten im Rahmen halten.

Ausgangspunkt ist eine Kreation mit Basis-Templates, die alle, für die jeweilige Kampagne unveränderlichen Informationen, enthalten. Wechselnde grafische Elemente, Bilder oder Videos stehen in einem vorgefertigten Pool zur Verfügung und werden mit im System generierten Texten vor Ort zu einem kompletten Motiv kompiliert. Voraussetzung ist ein Playout-System mit entsprechenden Möglichkeiten und Zugriff auf verschiedene Echtzeitdaten.

Typisches Beispiel für den Einsatz dynamischer Werbemittel wäre eine Abverkaufs-Kampagne einer nationalen Modehauskette. Das Basis-Template im Corporate Design des Anbieters wird kombiniert mit Product-Shots, variierenden Claims, Preis, Warenbezeichnung und gegebenenfalls Richtungs-Hinweis auf die nächste Filiale.

Das Targeting kann neben dem Standort auch auf verschiedenen weiteren Echtzeitdaten basieren. Die Auswahl der Produkte kann zum Beispiel in Relation zu Tageszeit oder aktuellen Wetterdaten erfolgen. Das richtige Outfit, passend zum momentanen Wettergeschehen! Die Rotation verschiedener Kleidungsstücke kann die Vielfalt des Angebots abbilden und bleibt durch das Standort-Targeting doch individuell.
 

Die dynamische Individualisierung von Werbemitteln ermöglicht so eine Varianzbreite, die mit herkömmlich vorgefertigten Motiven weder produktionsseitig noch buchungstechnisch wirtschaftlich umsetzbar wäre.

Nicht unerwähnt bleiben soll die Möglichkeit, standortbasierte Echtzeitdaten für dynamische Werbemittel einzusetzen. In Werbeträgern oder in deren Umfeld verbaute Sensoren könnten Daten liefern für eine dynamische Anpassung von Motiven an die jeweils relevanten Parameter. Sensoren für Helligkeit, Temperatur, Lautstärke, Feinstaub oder ähnliche Umweltbedingungen böten die Möglichkeit, Botschaften an direkt fühlbares eigenes Erleben zu koppeln. So könnte ein Eiscafé im Umkreis einer PV Roadside-Anlage die aktuelle Temperatur präsentieren und thematisieren, in besonders heißen Stunden zusätzlich in höherer Frequenz. Botschaft und körperliches Erleben kämen in maximale Nähe zueinander.

Denkbar ist der Einsatz derartiger Echtzeitdaten auch bei nicht-werblichen Botschaften im Bereich kommunaler Bürger-Kommunikation. Datengestützte Verhaltenshinweise und Hilfsangebote bei Hitze oder hoher Feinstaubelastung, die Bitte um angepasste Fahrweise bei hoher Lärmbelastung – Kommunen hätten vielfältige Möglichkeiten anlassbezogener Bürgeransprache als Reaktion auf herausfordernde Umweltbedingungen direkt vor Ort. Mit der Anbindung unserer Werbeträger an verschiedene öffentliche Warnsysteme sind wir in diesem Bereich schon auf einem sehr weit fortgeschrittenen Niveau.

Die angesprochenen Möglichkeiten der standortbasierten Echtzeitkommunikation bedürfen natürlich einer technischen Anpassung der Werbeträger und des Playout-Systems – angesichts des Potenzials für personalisierte Werbeerfahrung und direkte Bürgeransprache sicher ein lohnendes Unterfangen.
 

Herausforderungen für Werbetreibende und Kreativagenturen

Wie schon erwähnt, erfordern individualisierte Kampagnen, die ausschließlich mit vorgefertigten Werbemitteln arbeiten, eine teilweise exorbitante Menge einzelner Motive. Geschuldet ist das der Formatvielfalt der DOOH-Werbeträger und dem jeweiligen Grad der Individualisierung. Format- und Inhaltsanpassungen – speziell bei animierten Motiven –erfordern Zeit und Ressourcen. Die Werbemittelproduktion wird so schnell zur Herausforderung, in arbeitstechnischer und in kostenseitiger Hinsicht.

Auch bei template-basierten Konzepten kann es erforderlich sein, viele Elemente in unterschiedlichen Größen und Seitenverhältnissen verfügbar zu machen - klassisch repetitive Aufgaben, die Personal binden, ohne kreativen Mehrwert zu bringen.

Basiskreationen, die Format- und Inhaltsanpassung von Anfang an mitdenken, können dabei helfen, den erforderlichen Aufwand in überschaubaren Grenzen zu halten. Kreative, die sich davon in ihrer gestalterischen Freiheit beeinträchtigt fühlen, sollten sich den unzweifelhaften Mehrwert individualisierter Kampagnen vor Augen führen und die Entlastung des eigenen Arbeitsprozesses bedenken.

Große Fortschritte im Feld Programmatic Creation können wir von KI-unterstützen Produktionstools erwarten. Die Entwicklung in diesem Bereich vollzieht sich in beinahe exponentieller Weise und stellt immer leistungsfähigere kreative Hilfsmittel bereit. Repetitive Aufgaben werden zunehmend automatisierbar und generative KI kann bei der Konzeption formatoffener Kreationen effektiv eingesetzt werden.

Mit dem selbstverständlichen Einsatz KI-basierter Tools werden auch die Herausforderungen von Programmatic Creation deutlich geringer.

 

Und schon inspiriert für die nächste D(OOH)-Kampagne? In den kommenden Monaten stellen wir mit unserer mehrteiligen Blogserie die wichtigsten Elemente der (D)OOH-Kreation dar, zeigen diverse Möglichkeiten der Interaktion und inspirieren mit innovativen und technologieverknüpften Erfolgsbeispielen. Bleiben Sie gespannt!